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Forscher zu Bürgergeld-Sanktionen„Verweigern Personen Arbeit, kann es gute Gründe dafür geben“

Der Koalitionsausschuss hat über härtere Bürgergeld-Sanktionen entschieden. Schon die Ampel hatte sie für „Totalverweigerer“ verschärft. Was hat es bewirkt?

303 Teil­neh­me­r:in­nen­be­gehn den „Tag der Arbeitslosen“ und demonstrieren gegen den Zwang zur Lohnarbeit, Berlin 2. Mai 2016 Foto: Berlinfoto/imago

taz: Herr Wolff, Sie haben sich als Wissenschaftler intensiv mit sogenannten Totalverweigerern beschäftigt. Haben Sie schon mal einen in echt gesehen?

Joachim Wolff: Gesehen habe ich noch keinen. Man weiß aus Daten, dass es welche gibt. Das heißt aber nicht, dass es viele Fälle sind.

taz: Die Ampel-Koalition hat 2024 neue Sanktionen für diese Menschen eingeführt. Wer wiederholt Arbeit ablehnt, die das Jobcenter als zumutbar einstuft, kann für zwei Monate seinen kompletten Regelsatz verlieren. In einer Studie schreiben Sie: Die Zahl der Fälle bis Juni 2025 liege im „niedrigen zweistelligen Bereich“. Haben Sie eine genaue Zahl?

Wolff: Ich habe eine konkrete Zahl vor mir, doch die ist nicht gesichert. Ob es 20, 30 oder 40 Fälle sind, spielt aber keine Rolle. So oder so sind es sehr wenige.

Im Interview: Joachim Wolff

Joachim Wolff ist Wirtschaftswissenschaftler und Forschungsbereichsleiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Er ist Co-Autor von zwei

zu „Totalverweigerern“ und 100-Prozent-Sanktionen.

taz: Warum ist es nicht möglich, die Zahl genau zu erfassen?

Wolff: Bei einem Teil der Jobcenter fehlt im Software-System die Möglichkeit, 100-Prozent-Sanktionen eindeutig zu dokumentieren. Bei den anderen sind nicht alle Einträge plausibel. Bei manchen sind zum Beispiel Meldeversäumnisse als Sanktionsgrund vermerkt, also etwa ein verpasster Termin im Jobcenter. Der vollständige Wegfall des Regelsatzes ist aber nur bei Arbeitsverweigerung zulässig.

taz: Können Sie ausschließen, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegt?

Wolff: Vielleicht sind es auch hundert Fälle, aber sicher nicht Tausende.

taz: Auch wenn nur wenige Personen direkt betroffen sind: Können diese Sanktionen eine Abschreckungswirkung auf andere Bürgergeld-Empfänger*innen haben?

Wolff: Grundsätzlich gibt es solche Effekte. Wenn die Wahrscheinlichkeit einer Leistungsminderung steigt, gehen auch Personen schneller in Beschäftigung, die noch gar nicht sanktioniert wurden. Dass das hier der Fall war, kann ich mir aber nicht vorstellen – weil die Wahrscheinlichkeit einer Komplettsanktion eben sehr klein ist. Auch entsprechende Rechtsfolgebelehrungen gab es nicht viele, man ist mit dem Thema als Leistungsberechtigter also kaum konfrontiert.

taz: Eine Rechtsfolgebelehrung ist gewissermaßen die Warnung des Jobcenters, dass eine Sanktion unmittelbar bevorsteht. Wie viele davon gab es für Komplettsanktionen?

Wolff: Wir haben Daten von 457 Fällen. Das ist zumindest mehr als der niedrige zweistellige Bereich, für den eine Auswertung überhaupt keinen Sinn gemacht hätte. Hier konnten wir uns anschauen, welche Merkmale diese Personen haben. Die Ergebnisse sind ähnlich wie bei anderen Sanktionen: Unter-25-Jährige und Männer kommen vergleichsweise häufig vor.

Wie kommt diese Verteilung zustande?

Wolff: Das haben wir nicht explizit untersucht. Um bei den Altersunterschieden zu spekulieren: Voraussetzung für die Komplettsanktion ist, dass man in den vergangenen zwölf Monaten schon mal wegen einer Arbeitsverweigerung sanktioniert wurde und jetzt wieder ein Stellenangebot hat. Das kann bei Jüngeren häufiger vorkommen, weil sie in den Jobcentern intensiver betreut werden und häufiger Stellenangebote bekommen. Es kann aber auch damit zusammenhängen, dass sie weniger Erfahrung mit dem Jobcenter haben und nicht wissen, wie sie eine Sanktion abwenden können.

taz: Überrepräsentiert sind laut Ihrer Studie auch deutsche Staatsbürger. Wie kommt das?

Wolff: Ein möglicher Grund: Deutsche bekommen häufiger Stellenangebote als Ausländer, weil sie seltener Sprachbarrieren haben. Aber nochmal: Wir haben das nicht konkret untersucht.

taz: Im politischen Diskurs nimmt die Figur des Totalverweigerers eine große Rolle ein, die Bundesregierung will Sanktionen für sie ausweiten. Ist das angesichts Ihrer Zahlen eine Phantomdebatte?

Wolff: Die Schlussfolgerung ist sicherlich zulässig für das rechtliche Konstrukt, das derzeit in Kraft ist. Die Voraussetzungen im entsprechenden Paragraphen sind sehr komplex. Das Jobcenter muss nachweisen, dass die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme „tatsächlich und unmittelbar besteht und willentlich verweigert wird“. Das ist nicht leicht und so bekommt man nur wenige Fälle zusammen.

Anders könnte die Schlussfolgerung ausfallen, wenn es generell um Personen geht, die aus Sicht der Jobcenter nicht an den Tisch zu bringen sind. Es ist eine kleine Minderheit, aber eine belastbare Zahl haben wir nicht.

taz: Insgesamt wurden 2024 laut der Bundesagentur für Arbeit 185.600 Menschen in irgendeiner Form sanktioniert.

Wolff: Das sind aber zum großen Teil Meldeversäumnisse, und die können auf verschiedenste Weise zustandekommen. Es gibt Leute, die nicht verstehen, wie das System funktioniert. Es gibt Personen, die psychische Probleme haben und ihre Post nicht aufmachen. Es ist schwer zu entscheiden, ob dahinter eine Verweigerungshaltung steckt. Wenn eine Person einmal im Jahr eine Pflicht verletzt, wäre ich vorsichtig damit, sie als Totalverweigerer zu kategorisieren. Ohnehin habe ich noch keine gute Definition gehört, was ein Totalverweigerer jenseits der gesetzlichen Regelung sein soll.

taz: Sie haben sich in Ihrer Forschung auch mit der Figur des Totalverweigerers in der politischen Debatte um das Bürgergeld beschäftigt. Woher kommt der Begriff?

Wolff: In meiner Jugend waren das Personen, die sowohl den Wehrdienst als auch den Zivildienst verweigert haben. In Bezug auf die Grundsicherung haben in der Ampel-Zeit Arbeitsminister Hubertus Heil und die Bild-Zeitung den Begriff verwendet. Sie können sich vorstellen, dass ich das nicht für sinnvoll halte. Wenn Personen Arbeit verweigern, kann es dafür ja gute Gründe geben.

taz: Welche denn?

Wolff: Wenn jemand entscheidet, eine Stelle abzulehnen, weil er gute Chancen auf eine bessere hat, dann mag das ein Regelverstoß sein, der vom Jobcenter sanktioniert wird. Aber ich würde diese Person nicht gleich als Totalverweigerer bezeichnen. Natürlich muss es darum gehen, die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Es kommt aber auf den Einzelfall an.

taz: Was sind die häufigsten Gründe, aus denen Bürgergeldempfänger Arbeit ablehnen?

Wolff: Das hängt beispielsweise mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammen. Wir wissen aber umgekehrt aus Befragungen, dass die deutliche Mehrheit der Arbeitslosen bereit ist, Jobs unterhalb ihrer Qualifikation anzunehmen. Mehr als 60 Prozent nehmen ungünstige Arbeitszeiten und jeder Zweite nimmt lange Arbeitswege in Kauf. Nur eine Minderheit dagegen würde für einen Job auch umziehen. Aber diese Untersuchung stammt aus dem Jahr 2017, und die Bereitschaft ändert sich mit der Lage am Arbeitsmarkt.

taz: Inwiefern?

Wolff: Wenn die Lage am Arbeitsmarkt gut ist, man sich den Job also eher aussuchen kann, sind weniger Menschen bereit, Abstriche zu machen.

taz: Aktuell dürfte es demnach weniger Bürgergeldempfänger geben, die Jobs ablehnen – aber es wird vermehrt über sie gesprochen.

Wolff: Vor Wahlen, in der Rezession und in Zeiten knapper Staatskassen kommt das Thema immer wieder auf. Das ist auch legitim. Aber zur Wahrheit gehört, dass man durch die Sanktionierung von Arbeitslosen nicht unbedingt im großen Umfang Geld spart.

taz: Vorhin haben Sie gesagt, dass Sie es falsch finden, dass der Totalverweigerer wieder aus der Mottenkiste gezogen wurde.

Wolff: Ich finde es falsch, aber ich kann die Gründe nachvollziehen. Mit der Bürgergeldreform ging es der Ampel zunächst um Aspekte wie Augenhöhe oder Anerkennung der Lebensleistung. Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise und steigender Arbeitslosenzahlen wurde ein anderer Aspekt betont: Die Bezieher müssen sich mehr bemühen. Die Wortwahl ist aber unpassend.

taz: Schon ein Jahr nach der ursprünglichen Bürgergeldreform führte die Ampel die neue Sanktion für Totalverweigerer ein. Man könnte zur Ehrenrettung der SPD sagen, dass sie damit das Bürgergeld retten wollte. Die Logik: Man muss an die wenigen Verweigerer ran, um die Akzeptanz insgesamt zu verbessern.

Wolff: Das erschließt sich mir nicht. Als die Ampel die Wende beschloss, hin zu mehr Fordern und höheren Sanktionen, hatten wir nur wenige Monate Erfahrungen mit dem Bürgergeld sammeln können. Es war ja gerade erst in Kraft getreten.

taz: Die Wende kam zu schnell?

Wolff: Im Juli 2023 traten einige Regelungen des Bürgergelds erst in Kraft, da wurden im Frühjahr 2024 andere schon wieder verschärft und die Debatte sah weitere Verschärfungen vor. Wir konnten gar nicht erforschen, wie das Bürgergeld wirkt, was funktioniert und was nicht.

taz: Klingt frustrierend.

Wolff: Ja, wir hätten das System gern zwei oder drei Jahre in einem stabilen Zustand beobachtet und in Ruhe untersucht und mit diesen Ergebnissen die Politik beraten.

taz: Prinzipiell ist das Bild des „faulen Arbeitslosen“ nicht neu. Anfang der Nullerjahre war es Florida-Rolf, ein deutscher Arbeitsloser in Florida, über den die Bild-Zeitung berichtete – was damals die Hartz-Reformen legitimierte.

Wolff: Die Figur ist noch älter. In den 80er Jahren war es die soziale Hängematte. Heute ist der Totalverweigerer das, was früher der Hartzer war. Aber um es optimistisch zu wenden: Wenn sich die wirtschaftliche Lage verbessert, verschwindet die Figur wieder aus der Öffentlichkeit.

taz: Schwarz-Rot will das Bürgergeld in der aktuellen Form abschaffen. Die Reform wird in Kürze vorgestellt. Hat die mediale Figur des Totalverweigerers das Bürgergeld gekillt?

Wolff: Nein, nicht allein. Es gab von Anfang an unterschiedliche Auffassungen in Union und SPD, da sprach noch niemand vom Totalverweigerer. Jetzt muss man schauen, wie der Kompromiss aussieht. Vielleicht ist es ja ein guter.

taz: Sie haben für Ihre Studie auch mit Mitarbeitern im Jobcenter gesprochen und waren bei Beratungsgesprächen mit Bürgergeldempfängern dabei. Welche Rolle spielte dabei das Bild des vermeintlich arbeitsscheuen Arbeitslosen?

Wolff: Bei den Gesprächen betonten Mitarbeiter des Jobcenters oft, wie sich die leistungsberechtigte Person verhalten hat, was sie geleistet hat und was nicht.

taz: Aber das ist doch Teil ihres Jobs.

Wolff: Natürlich! Aber in manchen Fällen erschwert das Bild, das ein Jobcenter-Mitarbeiter von seinem Gegenüber hat, womöglich die Beratung. Es gab einen Fall, bei dem eine Bürgergeldempfängerin ihren Partner nicht mitbringen durfte, obwohl sie Sprachprobleme hatte. Zudem hat der Jobcenter-Mitarbeiter der Frau Vorwürfe gemacht und ging davon aus, dass sie als Mutter nicht arbeiten möchte. Mit der Person hätte man auch anders reden können.

taz: Führt die Figur des Totalverweigerers also zu einer Art Generalverdacht?

Wolff: Das kann im Einzelfall so sein. Andersherum gibt es auch Mitarbeiter im Jobcenter, die sagen: Ich konzentriere mich auf die motivierten Leute. Das kann natürlich auch mit einem Vorurteil gegenüber den anderen Empfängern zusammenhängen.

taz: Welche Reformen bei den Sanktionsmöglichkeiten empfehlen Sie?

Wolff: Aus der Erfahrung mit den sehr wenigen Totalverweigerern im Sinne der aktuellen Regelung: Man sollte keine allzu komplexen Regeln aufsetzen, die für die Mitarbeiter im Jobcenter im Alltag nicht umsetzbar sind. Gleichzeitig muss immer das Urteil des Verfassungsgerichts mitgedacht werden, das Sanktionen enge Grenzen gesetzt hat.

taz: Wie sehen sinnvolle Sanktionen aus?

Wolff: Ein Kollege von mir hat erforscht, dass leichte Sanktionen und die Drohung damit positive Effekte haben können auf die Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Aber zu viel Druck wirkt kontraproduktiv: Wenn Bürgergeldempfänger gar kein Geld mehr bekommen und ihnen in der Folge sogar der Strom abgestellt wird, hilft das auch nicht bei der Suche nach einem Job. Wenn die Regierung tatsächlich strenger sanktionieren will, sollte sie also darüber nachdenken, die Regeln für leichte Sanktionen zu ändern. Die sind bisher höchstens für drei Monate erlaubt, sodass man eine längere Dauer vorsehen könnte. Aber von zu viel Strenge würde ich abraten.

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65 Kommentare

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  • Ein Zwang zur Lohnarbeit oder einer anderen Form der Arbeitserbringung gibt es nicht. Druck wird nur dann ausgeübt, wenn Sozialleistungen in Anspruch genommen werden, was nur fair gegenüber den Arbeitnehmern ist, die für diese Leistungen aufkommen.

    Zudem finde ich es auch Fragwürdig die Verantwortung Arbeit zu finden beim Jobcenter abzuladen. Das ist eine staatliche Leistung, da weiß man doch vorher, dass sie bescheiden sein wird und darauf ausgelegt ist irgendwelche quantifizierbaren Quoten zu erfüllen. Entsprechend ist meine Erfahrung auch das Bewerber, die über das Jobcenter an Arbeitgeber herangetragen werden, mit recht großer Skepsis beäugt werden.

  • Herr Wolf gibt Studien über das Bürgergeld ab und kennt persönlich aber keinen einzigen Totalverweigerer und nimmt an ,das es nur ca. 100 Fälle davon gibt . Komisch,ich kenne persönlich 3 Totalverweigerer und vermute das die Dunkelziffer höher ist

    • @Rita Bahrenburg:

      Schreiben Sie Herrn Wolff und schlagen Ergänzungen der Studie vor! Adresse steht im IAB Forschungsbericht S. 36 (Link findet sich in diesem Artikel oben in der Vorstellung von Herrn Wolff). Das ist doch interessant. Es gibt auch andere Diskussionsteilnehmer, die aus ihrer Umgebung das gleiche berichten. Das ist eine klassische sozialwissenschaftliche Fragestellung zur Dunkelziffer.

  • „taz: Insgesamt wurden 2024 laut der Bundesagentur für Arbeit 185.600 Menschen in irgendeiner Form sanktioniert.



    Wolff: Das sind aber zum großen Teil Meldeversäumnisse, und die können auf verschiedenste Weise zustandekommen. Es gibt Leute, die nicht verstehen, wie das System funktioniert. Es gibt Personen, die psychische Probleme haben und ihre Post nicht aufmachen.“

    185.000 Menschen, die das System nicht verstehen und die Post nicht aufmachen, weil sie psychische Probleme haben?



    Sorry, Herr Wolf aber das ist doch keine seriöse Argumentation. 1x im Monat zum Amt und bei Krankheit halt etwas später, das sollte schon noch drin sein. Und wer Probleme mit Briefen hat kann sich ne Mail senden lassen. Das Systemverständnis kann auch nicht ganz bei 0 sein, sonst wäre nie ein Antrag gestellt worden.

  • Es ist eine reine Schaufensterdebatte für diejenigen Wähler, die tatsächlich glauben, dann ginge es ihnen selbst besser. Und es lenkt hervorragend ab vom eigenen Versagen gegenüber kriminellen Banden aus dem EU-Ausland die das System gezielt ausnutzen. Das muss niemand zulassen. Hat man aber dummerweise. So wie es keine Zwangsarbeit mehr im Steinbruch oder Bergwerk gibt, so gibt es auch keine Arbeitgeber, die völlig unmotivierte oder schwerkranke Menschen beschäftigen möchten.

  • Sieht aus, als wollten Merz & friends wirklich zurück ins Kaiserreich - und in die Sowjetische Besatzungszone bzw. die DDR.

    Im Osten Deutschlands gab es vor 1990 den Paragrafen 249 StGB. Der sogenannte „Asozialen-Paragraf“ ging auf den Paragrafen 361 des Reichsstrafgesetzbuches von 1871 zurück der es erlaubte, Landstreicher, Spielsüchtige, Bettler und Prostituierte abzuurteilen, die als „Gefahr für die Öffentlichkeit“ galten.

    Die Nazis haben die Liste der Betroffenen um Obdachlose und Wanderarbeiter verlängert, die angeblich arbeitsscheu, asozial und „Ballast für die Volksgemeinschaft“ waren, wofür sie ins KZ gesperrt oder sogar umgebracht werden durften.

    Während der Zeit nach 1945 hatte die russischen Besatzer ein Interesse daran, möglichst viele Reparationen aus den besetzten Gebieten zu pressen. Sie haben dafür gesorgt, dass der „Arbeitswille der Bevölkerung“ weiter gesetzlich „gefördert“ wurde.

    Die DDR-Verfassung sah dann für alle Bürger eine Pflicht zur „gesellschaftlich nützlichen Tätigkeit“ vor. „Arbeitsbummelei“ wurde mit bis zu 2Jahren Arbeitslager bestraft - und auch gegen Oppositionelle eingesetzt.

    Mal sehen, wann diese Chance wiederentdeckt wird von Vater Staat.🤔

  • taz: *Herr Wolff, Sie haben sich als Wissenschaftler intensiv mit sogenannten Totalverweigerern beschäftigt. Haben Sie schon mal einen in echt gesehen?*

    Da muss man sich im Grunde doch nur mal einige Politiker und Superreiche anschauen, dann sieht man ein paar Totalverweigerer. Sollten Volksvertreter nicht eigentlich für das Volk da sein und nicht nur für die Reichen und Mächtigen?

    ***„Deutschland arbeitet zu wenig! Wer sind diese Schmarotzer?" Klartext mit Lilly (gemeinsam.demokratisch.bunt e.V.)*** www.youtube.com/shorts/Myqd4i6_9KY

    ***Maurice Höfgen (Ökonom) - Bürgergeld weg? DAS ändert sich jetzt! | Interview mit Helena Steinhaus (Gründerin von Sanktionsfrei e.V.)*** www.youtube.com/watch?v=nU4UI2ot5ss

  • Die Schlagzeile ist schon grenzwertig.....das Interview mit einem Herrn Wolf unterirdisch.

    Dieser Herr ist nicht von dieser Welt......die Realität ist grausam.

    1. Die "Bewerbung" eines ( erfahrenen Verweigerer) schreckt jeden Arbeitgeber ab.

    2. Gibt es einen hartgesottenen, einen der dringend eine Arbeitskraft sucht/braucht ....dem zeigt der erfahrene Verweigerer in den ersten 3 Tagen wo der Hammer hängt...immer noch nicht abgeschreckt ? dann kommt die Krankmeldung.

    Der Herr Wolf meint ...nur Wenige missbrauchen ?! .....die Nachbarin ist in Berlin im genau diesem VermittlungsBereich tätig.....

    Ihre Zahlen hochgerechnet auf die sozialen Brennpunkte bundesweit......ist eine hohe sechsstellige Zahl.

    Aber die ( die im rauen Alltag Dienst tun ) werden sich nicht aus ihrer Anonymität heraus wagen.....warum auch nur.

  • Ich kenn leider auch einige, die spielen im System mit. Schmudelig und duftend ( meist nach Alk) zu den Terminen im Jobcenter und bei Bewebungen erscheinen, einen lockeren rechten Spruch auf der Lippe und Bewerbungsschreiben per Hand, unleserliche Schrift und dann noch einen schönen Kaffeefleck darauf - und schon ist man kein Totalverweigerer und hat sein Ziel erreicht.



    Und dann in der gewonnenen Freizeit schön einen trinken und rechte Parolen von sich geben.

    • @Bernd Simon:

      Da benennen Sie ein System, dass es rechts wie links und sicher auch in der Mitte gibt und ja, die gehören sanktioniert im Gegensatz zu Menschen, die zum Beispiel aus psychischen Problemen oder Ängsten Briefe nicht öffnen.



      Das Problem ist nur, dass man den 'schlauen' / absichtlichen Systemausnutzern nur durch personalintensive Recherche auf die Schliche kommt, wohingegen man den mit Ängsten gequälten oder psychisch Kranken ganz einfach und ohne Aufwand auf die Schliche kommt... - und da diese Maßnahme zuallererst eine Showmaßnahme ist, Hauptsache Schlagzeile in der BILD, wird sich Schwarz-rot nicht die Mühe machen, die Sanktionsschrauben 'gerecht' nachzuziehen.



      Das ist schade, denn auch wenn es nur um 'wenige hundert Millionen' geht, ist die Idee schon sinnvoll, denn die kleine Gruppe der Systemverweigerer erzeugt nunmal maximalen Unmut in der Gesellschaft - allerdings sollte es dann auch die richtigen Kandidaten treffen, und eben nicht die Schwächsten.

  • 1. Wie hoch sind die zahlen der total Verweigerer die weder körperlich noch psychisch krank (diese sollen ja weiter nicht betroffen sein) sind?

    2. Ein Sozialsystem kann nur bestehen wenn es Leute gibt die durch Steuern auch in das System einzahlen. Besonders wenn wir auch weiterhin fähig sein wollen Flüchtlinge aufzunehmen und Kranke zu stützen müssen Leute arbeiten. Das ist auch keine Konservative Idee sondern Wirtschaftliche Logik.

    3. Wer arbeiten kann aber einfach lieber nichts macht soll also weiterhin voll gestützt werden und dafür sollen echte sozial schwache Leistungen einbüßen weil kein Geld da ist?

    Ich kann in diesen Punkten die Linken einfach nicht verstehen.



    Wer soll denn Bitte erarbeiten was wir benötigen um zu stützen?

  • Es geht aus meiner Sicht nicht nur um die Totalverweigerer. Viel häufiger dürfte der Fall sein, dass man sich gegenüber dem Jobcenter kooperativ zeigt, sich aber bei Vorstellungsgesprächen absichtlich ins aus katapultiert wenn man nicht arbeiten möchte.



    Viele Firmen nehmen ja garkeine Bewerber an die ihnen das Jobcenter schickt.

  • Die Diskussion ist einfach nur eine widerliche Hetze gegen Erwerbslose. Es geht nur darum, Menschen die in Arbeit sind, gegen Erwerbslose aufzuhetzen, um ihre Rechte abzubauen und sie besser ausbeuten zu können.

    Es ist eine LÜGE, dass "ja nur Arbeitsverweigerer" (warum eigentlich immer wieder neue Begriffe, nennt es doch einfach in alter Tradition "arbeitsscheu", das ist ehrlicher) sanktioniert werden. Ist ein paar Jahre her, aber da wurde ich sanktioniert, weil ich in einer schweren depressiven Phase und nicht in der Lage war, meine Post zu öffnen, was dem Jobcenter bekannt war. Wäre ich nur "arbeitsscheu" gewesen, wäre mir das garantiert NICHT passiert!

    Je besser die Sozialleistungen sind, desto besser können angest. Menschen für gute Arbeitsbedingungen kämpfen. Warum werden Schlupflöcher geschaffen und fast NICHTS gegen Steuerhinterziehung pervers Reicher unternommen und stattdessen die Ärmsten im Land sippenhaftmäßig diffamiert und kriminalisiert, weil ein winziger Teil davon nicht arbeiten will?

    Je schlechter die soziale Absicherung ist, desto leichter lassen sich Arbeitende ausbeuten! Es ist DUMM nach unten zu treten und dadurch zu helfen, die eigenen Rechte abzuschaffen!

  • Na ja, man sieht, dass der Blackrock-Sozialisierte bestimmte Begriffe meidet, wie z.B. den aus dem Mittelalter stammenden Begriff "arbeitsscheu", den später die Nazis übernommen und dafür den schwarzen Winkel auf die KZ-Kleidung genäht haben. Oder auch Begriffe wie "asozial", "gemeinschaftsfremd" usw.

    Die Rechten kreiieren gerne neue, "moderne" Begriffe, aber deren Denken ist alt.

    • @Uns Uwe:

      Der Vergleich ist widerlich. Ich habe nichts davon gelesen, dass "Arbeitsscheue" verfolgt, in Lager gesteckt oder Schlimmeres mit ihnen gemacht werden soll. Ist für Sie BK Merz ein "Rechter" und wenn ja, was verstehen Sie darunter?

  • Für mich ist so ein Begriff wie "Arbeitsverweigerung" faschistoid, wenn ein selbstständiges Handeln von offizieller Seite (Ämter, Politik) so genannt wird.



    Auch so kann man sich dem rechten Gesocks annähern. Diese "Sanktionen" bringen Nichts bis zu wenig, als dass der Aufwand sinnvoll wäre, es geht nur um Kontrolle, Abschreckung und Stimmenfang bei den rechtslastigen Bürgern.

  • Ich kann meinem Chef ja sagen „ich verweigere die Arbeit, aber ich habe gute Gründe dafür. Vor allem keinen Bock. Aber die Knete will ich trotzdem haben“

    • @CaoCao_de_taz:

      Gucken Sie mal ins GG, Art. 20 und 28.

    • @CaoCao_de_taz:

      Ihr Chef kann Ihnen ja auch sagen "als Sanktion gibt es keine Knete mehr".

  • Es müsste viel mehr in Frage gestellt werden, wer am oberen Ende viel zu viel verdient, meist für Projekte, die für die Allgemeinheit eher zerstörerische Wirkungen entfalten. Dass Menschen 20 Std. für Geld arbeiten, sollte reichen zum Leben, so müssten die Basislöhne angepasst werden und es müsste von den überbezahlten weg genommen werden, die mit ihrem Überkonsum auch noch unverhältnismässig Umwelt schädigen dürfen, ohne, dass ihnen irgendwelche Sanktionen drohen, was ist das denn für ein wahnsinn? Die Lohnschere mus insgesamt wieder auf höchstens 1-5 oder 1-10 runter gelevelt werden, dann bekommen wir auch eine ökonomische Demokratie, die schon seit ages fehlt und die Leute, die 20 Std. arbeiten, hätten dann die Zeit sich demokratisch für eine sozial-ökologische Transformation so einzusetzen, dass auch was draus wird und es anerkannt wird, weil sie Energiekreisläufe aufbauen können, an denen sie auch beteiligt sind und auch das wäre eine gesündere Demokratie, die verhindert wird, indem die Leute in Angst zum gehorchen in einem destruktiven system gezwungen werden. Autoritär hatten wir doch im NS schon, das hat nir Katastrophe gebracht. 20 Std. müssen zum Leben reichen!!

  • „Wenn sich die wirtschaftliche Lage verbessert, verschwindet die Figur wieder aus der Öffentlichkeit.“ Dieser Satz verdeutlicht, dass der „Totalverweigerer“ eine Sündenbockfunktion erfüllt und vom Versagen der Politik und des höheren Managements der Wirtschaft ablenkt.



    Darüber hinaus dient die aktuelle Kampagne zur Spaltung der Gesellschaft – insbesondere zwischen Niedrig- bzw. Normalverdienern und Bürgergeldempfängern. Kernbotschaft: Die „Fleißigen“ müssen für die „Faulen“ zahlen. Damit wird zuverlässig verschleiert, wohin das Geld tatsächlich fließt – nämlich von unten nach oben.



    Nebenbei wird, wie auch im Artikel angedeutet, eine Drohkulisse aus existentieller Not, Bloßstellung und Denunziation aufgebaut. Auf diese Weise lassen sich Löhne niedrig halten oder weiter drücken.



    Deutschland zählt zu den reichsten Ländern der Welt, und dennoch geht es einem großen Teil der Bevölkerung finanziell immer schlechter.

    „Totalverweigerer“ ist ein politisches Konstrukt. Häufige Vermittlungshemmnisse sind psychische und physische chronische Erkrankungen, Alkoholismus, Überschuldung, kein Schulabschluss, mangelnde Sprachkenntnisse, alleinerziehende Mütter, Alter (offiziell geleugnet) u.v.m.

  • Das ist doch komplett autoritäre Zurichtung, ohne Sinn u. Verstand, alles in Richtung weg von der Demokratie: Die Leute stehen vor der Situation, dass die KI 1 großen Teil der Arbeitsstellen weg rationalisieren soll, sodass also viel mehr Leute für Profit Maximierung der Kapitalbesitzer arbeitslos gemacht werden. Ihr Anspruch als Bürger zu gelten,die mit bestimmen und mit ihrer Arbeit der egalitären Gesellschaft zur sinnvollen Verfügung stehen,wird komplett durch ein Abhängigkeits& Gehorsams Modell ersetzt. Es gab nur einen kurzen Moment,wo die Stellen Nachfrage so unterversorgt war, dass die Arbeitnehmer/innen eben in einer Position mit mehr Verhandlungsmacht waren, sodass 4 Tage Wochen Thema wurden, schon muss diese Bürger hafte Freiheit der Lohnabhängigen aber ganz schnell wieder weg geputzt werden. Die Leute werden krank, in Deutschland ist noch zu wenig emanzipative Gegenwehr gegen diesen reaktionären Klassenkampf von Oben, der durch das zerstörende ökonomische Zwangssystem gerade auch die natürlichen Ressourcen in Kauf nimmt komplett zu verwüsten, dann kommt Krieg u. so der deutsche Gehorsamszwang neuen Auftrieb, das kann nicht gut gehen.Umfairteilung nach Unten muss her!

  • Dieser Tage ist es spannend, zu beobachten, dass die Rechtslage Konservative in diesem Land mehr und mehr einen feuchten Kehricht interessiert. Das BVerfG hat 2019 entschieden, dass Kürzungen des Existenzminimums von mehr als 30 % verfassungswidrig sind. Darf man Parteien, die - sicherlich in Kenntnis dieses Sachverhalts - Kürzungen bis zu 100% in Erwägung ziehen, verfassungsfeindlich nennen? IMO darf man das ganz sicher.

    • @Kaboom:

      Ich freue mich auf ihre Petition für Verbotsverfahren gegen SPD und CDU.

  • Bis 2030 so die Obdachlosigkeit abzuschaffen, das ist Zynismus pur. Diese Hartz VI plus Regeln, die da gerade drohen, wiedersprechen dem Artikel 1 des Grundgesetzes und treffen die ärmsten und wahrscheinlich auch psychisch labilsten Menschen. Obdachlose Menschen werden hiermit noch öfter jedweder Unterstützung beraubt und zu Totalverweigerern abgestempelt. Lotz.

  • Abgesehen von der Diskussion um 100%ige Kürzungen oder nicht.



    DIeses Interview wird mit einem Forscher zu seinen und anderen "Studien" geführt.



    Aber einen realen Totalverweigerer hat er noch nie gesehen, geschweige denn deren Beweggründe analysiert (aber er hat eine Meinung dazu).



    Er bezieht sich auf Zahlen, von denen er sagt, sie sind sehr niedrig und man weiss nicht, wie sie zustande kommen und das sie eigentlich nicht aussagefähig sind.



    Er war bei einigen Gesprächen dabei und zitiert einzelen Beispiele.

    Nichts davon ist besser, als die anekdotischen Berichte von Kommentierenden. Vor allem aber kann es nicht als Evidenz für oder gegen Verschärfungen in dem System genommen werden. Sehr enttäuschend.

    • @fly:

      Der Autor war bei 37 Beratungen in einer teilnehmenden Beobachtung anwesend ( Kap 2.2, S. 11 unten der IAB Studie) . Das ist 1) wenig und 2) methodisch umstritten, in der Kombination von 1) und 2) grenzwertig aussagekräftig.



      Ich finde, dass dem Autor als Fachmann eine Meinung zusteht, solange er sie nicht als Ergebnis bezeichnet. Ich bin nicht so enttäuscht, es ist besser als Anekdoten.



      Die Kapitelüberschrift "Die Sozialfigur des Totalverweigerers im Beratungsalltag" finde ich gut. Der "Totalverweiger" erscheint hier als Konstrukt, vergleichbar mit einer optischen Täuschung. Optische Täuschungen sind reproduzierbar obwohl sie nur in den Gehirnen der Betrachter existieren. Eine genauere Datenerfassung und größere Zahl von Meldungen aus der Praxis würden der Untersuchung der "Sozialfigur" gut tun, das finde ich auch, das kann das IAB sich ja vornehmen.

      de.wikipedia.org/wiki/Oblomow mit gewissen Anpassungen, ist der Klassiker dazu .

    • @fly:

      Stimmt. Ein Gespräch mit einem Forscher, der sagt, dass er nichts Konkretes erforschen konnte, bringt nicht viel.

    • @fly:

      Ja, das stieß mir auch sauer auf. Soweit ich sehe, unternahm er keinerlei Anstrengungen, seine Untersuchungsobjekte selber zu finden und persönlich oder zumindest das direkte Umfeld zu interviewen, sondern verließ sich ausschließlich auf natürlich unvollständige Datenbankeinträge. Das ist untersuchungstechnisch eine Totalverweigerung guter wissenschaftlicher Praxis. Aber natürlich die bequemste Vorgehensweise - kann alles im Bürostuhl von von zuhause aus gemacht werden, ohne lästige Anstrengungen und direkte Kontakte.

  • Wer nicht auf den Kopf gefallen ist, schreibt Bewerbungen so, dass keine Einladung erfolgt. Oder tritt beim Bewerbungsgespräch unmotiviert auf.



    Die Jobcenter sollten sich unbedingt die Bewerbungen zeigen lassen.

  • "Die Ergebnisse sind ähnlich wie bei anderen Sanktionen: Unter-25-Jährige und Männer kommen vergleichsweise häufig vor."

    Wo diese Gruppen auch stark überrepräsentiert sind: Schwarzarbeit.



    www.iwkoeln.de/stu...eiten-schwarz.html

    Das ist wegen Illegalität natürlich schwer per Umfragen zu erkennen, sollte aber schon zu denken geben dass gerade die Arbeitsfähigsten besonders wenig Interesse an neuen Jobangeboten haben. Vielleicht haben sie einfach nur zu viel auf der Baustelle zu tun und können deshalb nicht beim Jobcenter vorbeischauen?

  • Totalverweigerer ?



    Ich kann mir vorstellen, dass es sich um Menschen handelt, die nach vielen Demütigungen im Berufsleben keine weitere mehr ertragen können oder auch psychisch Kranke, deren Krankheit für den Laien schwer zu erkennen Ich stelle mir vor es handelt sich um Alleinerziehende, die lieber sich um das Wohl ihrer Kinder kümmern. M.E. gesellschaftlich sicherlich wertvoller als in ein subalternes, schlechtbezahltes und annerkennungsfreies Arbeitsverhältnis einzutreten.

    • @Oliver Wagner:

      Bin stolz, das wir Sozialstaat haben, jeder kann ich Not geraten. Aber dauerhaft Kranke oder psychisch Kranke gehören m.E. da nicht mehr hin und sollte Frührente beantragen und nicht im überteuerten Bürgergeld. den Sozialstaat können wir uns so nicht mehr leisten!

    • @Oliver Wagner:

      So sehe ich das auch.

    • @Oliver Wagner:

      Psychisch Kranke erhalten kein Bürgergeld, da man arbeitsfähig sein muß. Sie erhalten Grundsicherung.

      • @drafi:

        Ich bezweifele eben, dass es für einen Laien immer möglich ist eine psychische Erkrankung zu erkennen.

        • @Oliver Wagner:

          Die Einschätzung spricht für Sie. Es gibt auch körperliche Erkrankungen, die mit Schwäche einhergehen, schwer zu erkennen und zu behandeln sind.

  • Hier werden mal wieder Strohmannargumente aufgebaut. Bei der vollständigen Streichung von Bürgergeld geht es einzig und allein um Personen, die arbeitsfähig sind und denen eine vollständig unterhaltssichernde Arbeit angeboten wurde. Wer die verweigert, hat nun wirklich mit keinerlei Verständnis zu rechnen.

    • @PeterArt:

      Das Suchen dieser Leute mit der Laterne kostet aber mehr Aufwand, als Geld gespart wird.

      Diejenigen, die wirklich zu faul zum Arbeiten sind, haben meist einen Doktor in Harz IV. Die versäumen keine Termine und leben auch sonst genau am Rand der Bestimmungen entlang. Und wenn nichts mehr hilft, wird ein Attest gezückt. Diese Leute erwischt man nicht, indem man Dinge wieder einführt, die schon früher nicht funktioniert haben. Der neu ausgerufenen Jagd werden nur ein paar Alkoholiker ect. zum Opfer fallen. Mit viel Aufwand und ohne Nutzen.

      Aber es geht wohl auch eher darum, den unteren Teil der Gesellschaft gegeneinander zu hetzen, damit niemand auf die Idee kommt, die oberen Zehntausend sinnvoll zu besteuern.

  • Die am Ende geringe Zahl an Totalverweigerern kommt daher, dass die allermeisten Verweigerer schlau genug sind zu wissen, dass es viel lohnender und stressfreier ist, nicht total zu verweigern, sondern zum Schein mit dem Amt mitzuarbeiten.



    Selbstverständlich geht man da zum Pflichttermin und spielt die Rolle des bemühten Arbeitssuchenden; präsentiert seine mit Absicht sabotieren Bewerbungsschreiben usw. Habe ich alles bei einer Mitbewohnerin selbst erlebt.

    • @Morrad Mo:

      Sie haben sicher Recht. Wenn Ihre Mitbewohnerin so agiert, dann tun das ganz sicher alle anderen Arbeitslosen auch, gell?

    • @Morrad Mo:

      Genau das wollte ich auch schreiben. Leuten die partout nicht arbeiten wollen kommt man auch mit Sanktionen nicht bei, die finden immer Mittel und Wege. Wer Sanktionen fordert hat entweder keine Ahnung von Menschen, oder will Aktionismus vorführen ohne etwas wirklich ändern zu müssen. Auch unsere Arbeitsministerin Bärbel Bas scheint von der Psyche der Menschen wenig bis nichts zu verstehen. Es gibt nämlich nicht wenige Leute die nicht arbeiten wollen. Irgendjemand hatte mal ausgerechnet dass ein Bürgergeldempfänger 480 bis 530 Euro pro Monat hat als jemand der arbeitet. Dabei wurden allerdings Sachen wie die Rundfunkgebühr, Tafelzugang usw nicht berücksichtigt Egal, sagen wir 480 Euro bei 160 Stunden pro Monat. Der oder die Arbeitende schuftet dann für 3 Euro pro Stunde, abzüglich Kosten für den Arbeitsweg. Auch nicht gerechnet die Zeit für denselben. Solange sich das Verhältnis nicht ändert, werden viele Leute das Bürgergeld bevorzugen. Plus ein paar Stunden "Nachbarschaftshilfe" ....



      Für Bärbel hier ein Zitat des Schriftstellers Georg Büchner ("Woyzeck"): "Wer arbeitet, ist ein subtiler Selbstmörder".

  • Bei dem Thema geht es nicht nur um die Totalverweigerer und deren geringe Anzahl, sondern vor allem auch um die Frage, wie die Öffentlichkeit auf die Reaktion der Behörde gegenüber Totalverweigerern oder destruktiv agierenden Personen reagiert. Wenn die Behörde nicht gegen destruktiv oder verweigernd agierende Personen deutlich kürzend vorgehen kann oder darf, dann fördert das bei vielen arbeitenden Menschen Politikverdrossenheit und auch Wut, mit entsprechenden Wahlergebnissen. Bitte dieses Thema nicht nur auf die Frage der Motivationssteigerung der Bürgergeldempfänger reduzieren.

  • Was für ein erbärmlicher Klassismus! Anstatt die realen Probleme anzupacken, tritt man nach unten und malt die Schreckensfigur des faulen Unterschichtlers an die Wand. Die realen Folgen: Vorwiegend Frauen, die informelle Care-Arbeit leisten und psychisch Kranke werden weiter stigmatisiert, während das Volk immer rechter wählen wird (warum denn nicht? Die Politik macht's ja vor, sogar von der SPD abgestempelt!)

  • Gibt ja auch andere Formen von Arbeitsverweigerung. Die , die es bei Bewerbungen darauf anlegen abgelehnt zu werden.

    Mein Vater hat ausversehen so jemanden vor ein paar Wochen eingestellt. Dieser wurde dann nach 3 Tagen entlassen, weil er nichts tun wollte und dann auch gesagt hat, dass er eigentlich nicht genommen werden wollte.

    Diese Fälle sind gar nicht mal selten, wenn man mit den Leuten spricht, die in den Firmen mit Bewerbern zutun haben. Diese Fälle werden dann natürlich vom Jobcenter nicht als Verweigerer angesehen, sie Bewerben sich ja. In der Realität sieht es natürlich anders aus.

    • @JSch:

      Danke, genau so wie Sie es beschreiben habe ich es in meiner über 30-jährigen Berufserfahrung als Abteilungsleiter in der Industrie auch erlebt.



      Und wenn man dann so 2 oder 3 solche wie Ihnen beschriebenen "Kurzzeit - Arbeitsabenteuer" im Lebenslauf stehen hat, ist der Mensch "fein raus". Denn mit so einem Lebenslauf ist man vor weiteren Arbeitsangeboten ziemlich sicher.

    • @JSch:

      Das sind genau die Effekte, die man mit der Ausübung von Zwang erreicht: Manche gehen daran kaputt, andere passen sich oberflächlich an, ohne wirklich eigeninitiativ mitzuarbeiten (Kadavergehorsam). Gewinnen lässt sich damit nichts, zumal es sowieso unmöglich ist, top-down, also von Staats wegen, zu entscheiden, was sinnvolle Arbeit ist.

  • Der Begriff "Totalverweigerer" kommt aus der Wehrpflicht, war also bis 2011 omnipräsent, deswegen das Geläufige , gleichzeitig Unpassende, richtig erklärt.



    Belohungslernen funktioniert zur Verhaltenssteuerung allgemein besser weil es biologisch, also bei allen Arten so determiniert ist.



    Gratuliere ! Richtige Fragen, richtige Antworten.

  • Vielleicht sollte sich der gute Mann mal unters Volk mischen. Am Schreibtisch findet er die Totalverweigerer nicht. Mir persönlich sind mehrere Personen alleine in einem 6000 Seelendorf bekannt die seit Jahrzehnten staatliche Unterstützung kassieren und nebenbei schwarz arbeiten.

    • @Ahab:

      Und was genau hat das mit "Totalverweigerung" zu tun? Genau. Gar nichts.

      • @Kaboom:

        Dass ist das übliche Bashing gegen Arbeitslose und arme Menschen, aber das kennt man ja schon.

        Ahab schrieb: *Vielleicht sollte sich der gute Mann mal unters Volk mischen. Am Schreibtisch findet er die Totalverweigerer nicht.*

        Da gebe ich Ahab sogar recht, denn der 'Forscher' hätte sich mal mit Inge Hannemann unterhalten können oder mit alleinerziehenden arbeitslosen Müttern, die von einem unmenschlichen System sanktioniert wurden. Ein System, das es in einem Sozialstaat (Art. 20 GG) - der sogar die Unantastbarkeit der Menschenwürde garantiert (Art. 1 GG) - gar nicht geben dürfte.

        Heiner Geißler (CDU) sagte einst über Frau Hannemann: „Es ist ein Glücksfall, dass endlich jemand aus dem BA-Bereich die Missstände aufdecke, die seit Existenz der Agenda 2010 dort eingerissen seien.“

        Leider hat das aber nichts gebracht, denn wie wir ja jetzt sehen, will ein Black-Rock-Mann den Sozialstaat nun komplett aushebeln.

        Bei den Iden des März (von lateinisch Idus Martiae) handelt es sich um eine in vielen Sprachen gebräuchliche Metapher für bevorstehendes Unheil.

        Die 'Iden des Merz' haben jetzt begonnen (*Sozialstaatsabbau mit gleichzeitigen Ausbau des Niedriglohnbereichs etc.*).

  • Ein paar Argumentationen sind ziemlich schwach

    Wenn jemand entscheidet, eine Stelle abzulehnen, weil er gute Chancen auf eine bessere hat, dann mag das ein Regelverstoß sein, der vom Jobcenter sanktioniert wird. Aber ich würde diese Person nicht gleich als Totalverweigerer bezeichnen.

    --> ja, das ist kein Totalverweigerer, aber sind wir mal ehrlich, die Person könnte den Job annehmen und sich dann auf weitere Stellenangebote bewerben. So wie es der normale Arbeitnehmer macht, wenn er unzufrieden mit seinem Job ist

    Das hängt beispielsweise mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammen.



    --> oh, mein Job, bzw. alle Jobs sind schwer Vereinbar mit Familieleben

    Auf wichtige Themen ging Herr Wolff nicht ein.



    - Wie soll der Umgang mit Betrug aussehen?



    - Das System ist völlig intransparent und führt dazu, dass keine klare Grenze sichtbar ist, ab wann sich arbeiten lohnt (GEZ Befreiung, Sozialticket für öffentlichen Nahverkehr,...)



    - Wie kann verhindertwerde , dass sich Empfänger mit dem Bürgergeld einrichten. (Das ist noch viel schwieriger zu identifizieren, als ein Totalverweigerer. Man kann ja Termine wahrnehmen und Bewerbungsgespräche "versauen" ohne, dass es auffällt)

  • Es gibt nur vorgeschobene Gründe, die als Merkmal von Individualität verstanden werden, oft aber nur eigensinnig und unsolidarisch sind.

  • “Wenn Bürgergeldempfänger gar kein Geld mehr bekommen und ihnen in der Folge sogar der Strom abgestellt wird, hilft das auch nicht bei der Suche nach einem Job.“



    Die glaubhafte Androhung davon, wird aber schon eine Wirkung haben.

  • Ein Verdienst in dieser Sache ist den Polits sicher:



    Sie haben ein neues Wort für den Nazibegriff "arbeitsscheu" gefunden.

  • Ich finde es schon bedauerlich, dass die taz die entscheidenden Fragen gar nicht stellt:



    - Ist denn bezahlte Arbeit per se sinnvoll? Das heutige System fragt ja keineswegs nach dem Nutzen oder Schaden, den ein Job fürs Gemeinwohl bedeutet. Es zählt einzig und allein, dass es ein BEZAHLTER Job ist.



    - Was ist mit der notwendigen unbezahlten Arbeit? Es ist ja evident, dass mensch dafür auch Zeit und Kraft braucht. Wer in die Vollzeit-Erwerbstätigkeit gezwungen wird, schafft es unter Umständen nicht mehr, ihren/seinen Sorgeverpflichtungen gerecht zu werden oder sich in irgendeiner Form bürgerschaftlich zu engagieren. Unser Gemeinwesen ist aber auf solches Engagement angewiesen.



    Das Beispiel mit der Mutter, die möglicherweise "nicht arbeiten" will, spricht hier Bände.

    • @Eric Manneschmidt:

      Naja, auch jemand, der bezahlte Arbeit für sich ablehnt, lebt von bezahlter Arbeit. Nämlich von der anderer.



      Im übrigen kriegen das auch Millionen Ehrenamtliche und Eltern hin: Nämlich gemeinschaftliches Engagement und die Betreuung ihrer Kinder. Außerdem: wer Kinder in die Welt setzt, sollte sich schon darüber klar werden, ob er die damit verbundenen Lasten auch tatsächlich stemmen kann - ohne diese auf andere abzuwälzen. Was ja zum Teil ohnehin schon der Fall ist, wenn ich an die vielfältigen Belastungen Kinderloser denke.

      • @Schalamow:

        Wir alle leben von der Arbeit anderer. Aber nicht nur von der bezahlten, sondern auch von der unbezahlten Arbeit.

        Und dass Kinder oder die Pflege Angehöriger ein "Privatvergnügen" sein soll, welches die Leute auch noch komplett selbst finanzieren sollen, ist doch neoliberaler Quatsch. Zeigt die Verrohung unserer Gesellschaft. Sorge für andere war immer Gemeinschaftsaufgabe und anders lässt es sich auch gar nicht organisieren.



        Wir sind gerade dabei, die Grundlage unserer Gesellschaft (und auch der Demokratie) zu zerschießen.

  • Dieses absichtlich doof stellen wird wirklich langsam langweilig. Wahrscheinlich kennt jeder solche Fälle. Ich nominiere mal meinen Schwager, der nicht arbeitet weil er sonst Unterhalt zahlen müsste. So dumm sich auf 100% sanktionieren zu lassen ist er aber natürlich nicht. Oder ihr kommt einfach mal in eines unserer Assesmentcenter in Berlin, wo die Hälfte der Argekandidaten nur die Bescheinigung will sich vorgestellt zu haben.

    • @Šarru-kīnu:

      Sich doof stellen



      Ich hatte drei AGH´s zur sog. „Feststellung der Arbeitsfähigkeit“, alle drei selbst gesucht weil Arbeit innerhalb der Qualifikation. Musste beim Jobcenter dafür betteln, um die zu bekommen. Weil ich eine geförderte Arbeit bekommen wollte, war laut Gesetz eine vierte AGH nötig. Auch die im genannten Sinne prima. Vorleser für Kita-Knirpse. Dann Bewerbung bei Trägern wg. „richtiger Lohnarbeit“:



      Küchenhilfe in gemeinnütziger Großküche: Was hätte mir das weiter geholfen? Ich musste mich nicht doof stellen: „Sie kommen aus einem ganz anderen Feld. Verstehen sie, wir können sie nicht nehmen.



      Kaufm. Helfer in Sozialkaufhaus: Hätte ich gekonnt. Aber: Sie sind zu weit weg von den Leuten hier im Team. Bitte verstehen sie.



      Reinemachemann bei Senioren, soziale Ansprache: Können sie putzen? Ja klar, tue ich doch privat. Schon aber nichtprofessionell was wir brauchen. Zum Lernen ist keine Zeit.



      Kinderbetreuung auf einem Naturerlebnispfad: Ich landete da, wo ich wirklich hinwollte u. was ich konnte mit dem was ich vorweisen konnte.



      Und ja – ich hätte mich doof gestellt - um dahin zu kommen, wohin ich gehörte. Nur wussten das die Arbeitgeber doch sowieso. Warum also nicht gleich?

    • @Šarru-kīnu:

      „Der Schwager“. Eine etwas persönlichere Anmerkung dazu, aus der ehemaligen Erfahrung eigener Arbeitslosigkeit.



      Mir stellt es sich so dar: Ihr Verwandter wählt die Arbeitslosigkeit verbunden mit „Arbeitsverweigerung“ als Mittel zum Zweck der Vermeidung von Unterhaltszahlung. Wenn man so will, ein Unterhaltszahlungstotalverweigerer. Aus welchem Grund auch immer. Ok, deshalb nimmt er de facto genauso Steuermittel in Form von Bürgergeld in Anspruch, wie ich und die anderen dort auch.



      Das ist aber für mich eine Motivlage, ganz anders als die, die arbeitslose Menschen haben, wenn sie bestimmte Arbeiten ablehnen u. sie zu vermeiden suchen. Und sei es sogar so, dass manche auch „einfach so“ gar nicht arbeiten wollten. Woran ich nicht recht glaube.



      Fiktiv sage ich diesem Schwager: Wenn dir deine Nicht-Zahlung-Unterhalt über alles geht und du z. B. sogar bereit bist, dir dein Qualifikationsprofil zu ruinieren, weil du zu lange raus bist aus der Arbeit, nun denn.



      Für alle anderen: Das sind nicht die „Motivlagen“, aus denen Manche manche Arbeit zu „vermeiden“ suchen. Damit lässt sich sowas wie diese „Totalverweigerung“ nicht fassen. Versuche, darauf in einer zweiten Antwort einzugehen.

  • Ich kann durchaus verstehen, dass Menschen den 'real existierenden Arbeitsmarkt' mit seinen großen Ungerechtigkeiten abwählen. (Menschen-)Würde und Achtung vor dem Leben entsteht nicht erst durch Lohnarbeit. Anerkennung vielleicht, mehr nicht.

    • @Gerhard Krause:

      Das ist alles schön und gut aber Sie wissen das nur durch Steuern auch Hilfe geleistet werden kann und die Besteuerten werden weniger.

  • Diese schon ewig andauernde " Diskussion " ums Bürgergeld [ HARZ IV ] soll doch nur davon ablenken, dass Millionen Bürger für viel zu niedrige Gehälter arbeiten. Was ist Arbeitgebern in Deutschland gute Arbeit Wert, im Verhältnis zu dem Gewinn die gute Arbeit schafft, sollte daher die neue Diskussion in unserer Medienlandschaft lauten.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Manche Arbeitgeber erwarten noch Dank dafür, dass Menschen sich ausbeuten lassen.



      Diese Erwartungshaltung wird durch die derzeitige Politik eher verstärkt als kritisiert.